257.-264. Corinphila-Auktion: Raritäten sorgten für Aufsehen
In der Woche vom 25. bis 30. Januar 2021 präsentierte Corinphila, das älteste Briefmarkenauktionshaus der Schweiz, eine Serie mit acht Versteigerungen. Trotz der Corona-bedingt kurzfristigen Absage der „klassischen“ Saal-Auktion war die Bieterbeteiligung, insbesondere online, geradezu sensationell. Die große Nachfrage nach den in acht Luxus-Auktionskatalogen präsentierten Offerten war an allen Tagen außergewöhnlich hoch und intensive Bieterkämpfe mit hohen Steigerungen keine Seltenheit. Dementsprechend war das Preisniveau in weiten Teilen mehr als bemerkenswert, und es war deutlich zu spüren, dass die Philatelie gerade in Zeiten wie diesen für viele Sammler ein echter Lichtblick ist.
Einzigartige Spezialsammlungen
Eine große Bandbreite wertvoller Lose umfasste das Spitzenangebot der südamerikanischen Staaten, das unter anderem den dritten Teil des Brian-Moorhouse-Nachlasses (258. Auktion) sowie eine Spezialsammlung der 1. Ausgabe Ecuadors (259. Auktion) bereithielt. Von Probedrucken über seltene Marken und Einheiten bis hin zu großen Briefseltenheiten überzeugte das Angebot auf ganzer Linie. Nicht minder beeindruckend waren die Offerten aus der Sammlung Ingenieur Pietro Provera (260. Auktion) mit Schwerpunkten bei Italien und Frankreich sowie weiteren ausgewählten Pretiosen der Sammelgebiete Europas. Die hochgeschätzte „Provera-Qualität“ der zahlreichen Luxus-Stücke ließ die Sammlerherzen höher schlagen. Ein Gesamtzuschlag von 836 000 Franken gegenüber dem Startpreis von 510 000 Franken für die Lose der Kollektion Ing. Pietro Provera (Teil1) spricht für sich.
Mit der Gregory-Frantz-Sammlung „Schiffs- Dampferlinien mit eigenen Markenausgaben“ kam eine außergewöhnliche Kollektion zum Ausruf, die ebenfalls für Aufsehen sorgte. Die philatelistische Dokumentation all jener Dampferlinien, die privat veranlasste Briefmarken für die Postbeförderung mit ihren Schiffen herausgegeben hatten, umfasste eine einmalige Vielfalt, diverse Seltenheiten inklusive. Die begehrten Stücke fanden großen Zuspruch, und der Startpreis von 244 000 Franken wurde mit einem Gesamtzuschlag von 498 000 Franken mehr als verdoppelt.
Höhepunkte durch Schweiz aus der Sammlung ERIVAN
Wie bei Corinphila üblich, erfreute sich das herausragende Schweiz-Angebot großartiger Nachfrage. Die Sammlung „Deutsch-Französischer Krieg – Auswirkungen auf die Schweizer Postgeschichte 1866–1871“ (Auktion 263) präsentierte eine einmalige postgeschichtlich-dokumentarische Kollektion, die wahrlich ihresgleichen suchte und bereits im Vorfeld als Meilenstein bezeichnet wurde. Dem stand ein umfangreicher Sonderkatalog „Schweiz & Liechtenstein“ (Auktion 264) gegenüber, dessen Angebot von der Klassik bis hin zur Moderne alle Facetten der eidgenössischen Philatelie umfasste und ebenfalls Spitzenpreise erzielte.
Als „krönender“ Abschluss darf der Verkauf des zweiten Teils der Sammlung ERIVAN „Schweizer Kantonal- und Bundesmarken“ gesehen werden. Insgesamt kamen 42 ausgewählte Raritäten mit einem Startpreis von 636 000 Franken zum Ausruf, die für 1,5 Millionen Franken (inkl. Aufgeld) verkauft wurden. Unbestrittener Höhepunkt war der legendäre „Greifensee-Brief“, eine Ikone der eidgenössischen Philatelie. Das vom Notariat Greifensee zur Post gegebene und an das Gemeindeammann-Amt in Wildberg adressierte Einschreiben vereint die beiden ersten Briefmarken der Schweiz. Der Brief ist mit einer sogenannten „Zürich-4-Rp.“ und zwei „Zürich-6-Rp.“ von 1843 frankiert. In dem Brief wird über den Konkurs einer Baumwollspinnerei aus Zell im Tösstal und deren gerichtliche Verhandlung informiert. Ein anonymer Bieter ersteigerte das wertvolle Stück gegen drei Konkurrenten für 650 000 Franken (inkl. Aufgeld). Das Startgebot lag bei 300 000 Franken. Das zweite Highlight war eine 4er-Block-Frankatur der „Winterthur“ auf Brief. Der Brief stammt aus der Übergangszeit von der Zürcher Kantonalpost bis zur Ausgabe der ersten Bundesmarken 1850. Frankiert mit vier Exemplaren der Lokalmarke „Winterthur“ im Wert von 2½ Rp., ging der Brief 1850 aus der Zürcher Gemeinde Stäfa nach Frauenfeld, adressiert an den bekannten Thurgauer Mediziner und Politiker Johannes Keller. Der Brief stammt von einem anderen Arzt und behandelt medizinische Probleme. Eingefleischte Sammler steigerten den Brief auf 280 000 Franken (inkl. Aufgeld). Der Ausruf von 75 000 Franken konnte damit mehr als verdreifacht werden. Beide Ergebnisse sind beispielhaft für die Kauflust bei Stücken ex ERIVAN.
Trends und Entwicklungen
Die außergewöhnlichen Ergebnisse der Auktionsserie sind der beste Beleg für eine historische Entwicklung in der Philatelie. Die Beschäftigung mit Briefmarken ist für viele Menschen wieder in den Fokus gerückt, die in den eigenen vier Wänden die Faszination für Briefe und Marken für sich (wieder) entdecken. Die allgemein steigende Nachfra-
ge, insbesondere im Bereich der Raritäten, zeugt von der Begeisterung der Sammler. Spitzenstücke in ausgewählter Qualität sind begehrter denn je, was vor allem für solche Exemplare mit bedeutender Provenienz gilt. Die Dokumentation der Herkunft und der Geschichte einer Marke oder eines Briefes ist von großem Wert. Dass eine seltene Marke oder ein
wertvoller Brief bereits die Kollektion eines berühmten Vorbesitzers schmückte, steigert nicht nur das Interesse, sondern auch das Engagement der Bieter spürbar.
Ein im wahrsten Sinne unverzichtbarer Erfolgsfaktor der zurückliegenden Auktionsserie war einmal mehr das „Online-Live-Bieten“. Das Verbot einer klassischen Auktion mit Saalbeteiligung aufgrund des aktuellen Infektionsgeschehens war für viele Sammler kein Hindernis für die aktive Teilnahme an der Versteigerung. Dank der Erfahrung von nunmehr 15 Jahren im Bereich des „Online-Live-Bietens“ konnte sich das Corinphila-Team auf diese Anforderungen wie auch auf die Wünsche der Kunden kurzfristig einstellen. Das bewährte System funktionierte zu jeder Zeit tadellos und bot somit allen Interessenten die Möglichkeit der bequemen Teilnahme an der Versteigerung von zuhause aus. Wie gut dies aufgenommen wurde, zeigt die Rekordbeteiligung in diesem Bereich, die zu keiner Zeit so hoch war wie während der letzten Auktionswoche.
Internet: www.corinphila.ch