50. Gärtner-Auktion: Weltrekordpreis für „Rote Mauritius“ auf Brief!
Nun kann sich Christoph Gärtner zum erlauchten Kreis jener Auktionatoren zählen, die eine der berühmten Mauritius Post Office verkaufen durften. Genauer gesagt handelte es sich um die orangerote Mauritius auf einem sog. „Ball invitation envelope“ an Henry Adam, in dem sich eine Einladung zum Gouverneurs-Ball befand. Denjenigen, die beim Startpreis von 4 Millionen Euro schon durchpusteten, dürfte bei dem Ergebnis endgültig die Luft weggeblieben sein. Nach heftigem Bieterkampf wurde der Beleg für 8,1 Millionen Euro zugeschlagen. Mit Aufgeld kamen 10 027 800 Euro zusammen, ein neuer Weltrekordpreis für ein philatelistisches Stück, der die kürzlich erzielten 8,3 Millionen US Dollar für die einzigartige British Guiana 1c Magenta deutlich in den Schatten stellt.
Vier entschlossene Bieter
Auf dem philatelistischen Markt tauchte der „Ball-cover“ erstmals Ende des vorletzten Jahrhunderts auf. Henry Adam, der ihn 1847 mit der Balleinladung erhielt und mittlerweile in Frankreich lebte, hörte 1899 von einem Rekordpreis, der für ein Pendantstück bezahlt worden war. Stundenlang suchte er nach „seinem“ Brief und fand ihn schließlich. Er verkaufte ihn an den bekannten Pariser Händler Théophile Lemaire für 680 Pfund unter der Bedingung, dass sein Name auf dem Umschlag entfernt wird. Dass dies ausgesprochen unbeholfen geschehen ist, kann man heute noch sehen. Der erste Sammler, der ihn sein Eigen nennen durfte, war W. H. Peckitt, der 800 Pfund dafür bezahlte. 1933 erzielte der „Ball-cover“ schon einmal einen Weltrekordpreis, als er auf dem Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise auf einer Versteigerung für 2400 Pfund den Besitzer wechselte. Über einen Umweg landete der Brief in der Sammlung von König Carol von Rumänien, der ihn bis 1950 behielt. Mit René Berlingin und Hiroyuki Kanai folgten in den nächsten Jahrzehnten weitere berühmte Besitzer. Von 1988 bis 2006 versteigerte bzw. vermittelte der Schweizer Auktionator David Feldman mehrfach das Stück. Zuletzt besaß es der Japaner Vikram Chand. Der Verkaufspreis wurde nicht bekannt, aber er ließ den Brief für 4 Millionen US Dollar versichern. Chand hielt nun den Zeitpunkt für gekommen, sich von der Weltrarität zu trennen und sah in der Jubiläumsauktion die Gelegenheit zum Verkauf. Am 26. Juni 2021 um 9 Uhr rief Christoph Gärtner im Ludwigsburger Forum den „Ball-cover“ für 4 Millionen Euro aus. In Schritten von 50 000 Euro schraubte sich der Preis in die Höhe, weil vier Sammler am Telefon immer wieder nachlegten. Schließlich fiel der Hammer bei unglaublichen 8,1 Millionen Euro! Zur Erklärung sollte man nachschieben, dass es drei dieser „Ball-cover“ gibt, aber der bei Gärtner versteigerte der einzige in Privathand ist. Die beiden anderen Briefe befinden sich in der Sammlung von Königin Elizabeth II und in der British Library.
Der „Ball-cover“ war nicht die einzige Überraschung, die Christoph Gärtner vor seiner Jubiläumsversteigerung versprochen hatte. Als Los 2 der Raritätenauktion kam die früheste erhaltene Verwendung der 2 Pence POST PAID, also der Folgeausgabe von Mauritius, auf Brief unter den Hammer, der auch an die Firma Duncan & Lurquie in Bordeaux adressiert ist wie der „Bordeaux-Brief“ mit der Blauen und Roten Mauritius. Der Brief, der 43 Jahre nicht auf dem Markt war, startete mit 150 000 Euro und ging schließlich zum Zuschlag von 310 000 Euro in neue Hände. Eine Weltraum-Sammlung, die von den bekannten Astrophilatelisten Walter Hopferwieser und Adolf Maier zusammengetragen worden war, brachte es auf einen Zuschlag von 3 300 000 (2 000 000) Euro. Auch andere Seltenheiten waren gefragt, beispielsweise von China. „Das ganze Land ist rot“, die 1968 zurückgezogene Sondermarke MiNr. A 1027, steigerte gestempelt von 10 000 auf 25 500 Euro. Zum Ausruf von 350 000 Euro wurde der berühmte USA-Kopfsteher „Inverted Jenny“ mitgenommen. Ein weiteres Glanzstück war der Österreich-Farbfehldruck 3 Kreuzer rot statt grün als Einzelfrankatur mit zentrischer Abstempelung „KÖBANYA 8.9.1867“ nach Wien aus der bekannten Pfeiffer-Korrespondenz. Es sind nur zwei Briefe, ein Briefstück und drei Einzelmarken bekannt. Der Brief entwickelte sich von 350 000 auf 510 000 Euro. Auch deutsche Raritäten fanden Abnehmer. Die Bayern MiNr. 4 II auf vorgedrucktem Chargé-Telegrammumschlag von Prinzessin Marie Friederike von Preußen sprang von 5000 auf 27 500 Euro. Ein literaturbekanntes Syke-Provisorium (DR MiNr. 19 H) auf Briefstück stieg von 10 000 auf 42 000 Euro.
Ein Festabend und ein Golfturnier beendeten eine Auktionswoche bei Christoph Gärtner, über die man sicher noch lange reden wird.
Internet: www.auktionen-gaertner.de