58. Christoph-Gärtner-Auktion: Deutsche Spezialitäten in drei Sonderkatalogen
„Spezialisiert auf alles“ ist und war das inoffizielle Motto des Auktionshauses Christoph Gärtner, offiziell formuliert als „Postgeschichte & Ganzsachen weltweit, Themen von A-Z, Asien, Numismatik, Banknoten und Sammelobjekte“. Wer in den Katalogen des Auktionshauses oder der Festpreisliste des angeschlossenen Handelshauses nichts für seine Sammlung findet, hat ein extrem ungewöhnliches Sammelgebiet. Christoph Gärtner bietet eine Vielfalt wie sonst kaum ein anderes Auktionshaus auf der Welt.
Günstige Startpreise
Vielfalt und Breite eines Auktionsangebotes schließen nicht aus, dass bestimmte Themen intensiver bearbeitet und in Sonderkatalogen gewürdigt werden: Für die nächste Versteigerung (19.-23. Februar 2024) wird es drei Sonderkataloge geben: „Germania“, „Deutsche Besetzungen in Frankreich: Dünkirchen und St. Lorient“ und „Privatpost des Deutschen Reiches“. Zwei dieser drei Sonderkataloge sind sogenannte Name Sales, das heißt, hier wird das Werk eines einzelnen Sammlers gewürdigt. Die Germania-Sammlung von Gerd Westkämper mit 146 Losen beschränkt sich nicht nur auf die Germania-Marken des Deutschen Reiches. Insbesondere die Sammler der deutschen Kolonien und Auslandspostämter sowie der deutschen Besetzungen im Ersten Weltkrieg werden hier fündig: ein Friedensdruck der 5 RM, 26:17 Zähnungslöcher, mit Überdruck „2½ Dollar/China“, traumhaft schön auf Briefstück in TSINANFU entwertet, oder eine 3 RM mit Aufdruck „Marokko 2 Pes 75 Cts“ in der seltensten Farbtönung Dunkelzinnoberrot sind genauso im Angebot wie z. B. ein ungebrauchtes Exemplar der 5 M Reichsgründungsfeier auf Papier ohne Wasserzeichen mit 25:16 Zähnungslöchern – „die legendäre 81 B b“, von der nur fünf Exemplare bekannt sind. Und vermutlich können nur absolute Spezialisten die Bedeutung einer tadellos postfrischen, nicht ausgegebenen 80 (Pf) mit Aufdruck „Memelgebiet“ wirklich beurteilen. Die Seltenheit vieler Marken – etliches ist nur einmal oder in wenigen Stücken bekannt – spiegelt sich nicht in den Startpreisen wider, denn vieles ist sehr günstig ausgerufen.
Ein zweiter Sonderkatalog „Privatpost des Deutschen Reiches“ widmet sich der Sammlung von Horst Müller, der als Gründer und langjähriger Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Privatpost zurecht als Nestor der Privatpost bezeichnet werden darf. Angeboten werden 217 Einzellose und 78 Sammlungen zu sammlerfreundlichen Preisen. Auch in diesem Katalog liest man das Wort Unikat häufiger als es die Preise vermuten lassen. Einen 5-Pf-Ganzsachen-Umschlag des Leipziger Courier – am Ersttag in Halle verwendet und in Leipzig zugestellt – wird es so schnell nicht wieder auf dem Markt geben. Probedrucke der Quittungsmarken für Massensendungen der Harmonia Hamburg oder ein Paketbegleitbrief 1868 mit Marken des Dienstmanns-Instituts in Dortmund sind ebenfalls einmalige Stücke, die auch in einer postgeschichtlichen Heimatsammlung Sammler, Aussteller und Juroren beeindrucken. Und auch die Aussteller der thematischen Philatelie finden in diesem Katalog Unikate. Einen Einschreibebrief der zweiten Gewichtsstufe, frankiert mit zwei Werten der Bienenkorbausgabe des Dresdener Hansa, unikale Probedrucke der Privat Briefbeförderung Hameln, von denen einer den Rattenfänger zeigt, oder ein goldenes, springendes Pferd der Bochumer Privat-Brief-Verkehr auf Bedarfsbrief kann nicht jeder Aussteller zeigen.
„Dünkirchen und Festung Lorient“ teilen sich den dritten Sonderkatalog zur Deutschen Besetzung Frankreichs im Zweiten Weltkrieg. Die Dünkirchen-Provisorien, der Aufdruck „Besetztes Gebiet Nordfrankreich“ auf französischen Marken, stammen aus der Anfangsphase der Besetzung Frankreichs und werden hier überwiegend in postfrischer Toperhaltung angeboten. Etliche Einzelmarken mit zentrischem Aufdruck des normalerweise auf Paaren angebrachten Aufdrucks oder auf den eigentlich nicht zum Überdrucken vorgesehenen Sondermarken werden die Philatelisten begeistern. Ein dekoratives Eckrandstück der Wohltätigkeitsausgabe „Geburtenrückgang“ mit waagerechtem statt senkrechten Aufdruck (Abbildung oben) ist ausweislich der Expertise des VP-Prüfers Lothar Herbst ein bisher im Michel noch nicht katalogisiertes Unikat. Die Überdruck-Ausgaben der „Festung Lorient“ stammen hingegen aus der Endphase des Zweiten Weltkrieges, als weite Teile Frankreichs schon befreit waren. Die Lose dieses Teiles liegen größtenteils auf bedarfsgelaufenen Belegen vor wie z. B. ein Brief mit einem Paar der Wohltätigkeits-Ausgabe zur Erinnerung an die ersten Eisenbahnlinien Paris-Orleans und Paris-Rouen oder ein mit 10 Fr der Freimarkenserie „Arc de Triomphe“ frankierter Brief nach Wesermünde in Deutschland. Dekorativ ist ein Brief mit der 1,50+3,50 Fr Wohltätigkeitsmarke „Marschal Petain“ allemal und bei nur 20 überdruckten Marken eine der größten Raritäten der deutschen Besetzungsausgaben des Zweiten Weltkrieges.
Eingerahmt werden diese drei Sonderkataloge von einem breiten und vielfältigen Angebot mit vielen weiteren Raritäten und Besonderheiten. Eine Neuerung in der Auktionsreihenfolge ist, dass erstmals der philatelistische Bereich „Asien“ mit Einzel- und Sammlungslosen an einem Tag versteigert wird (dies auch online). Der traditionelle Asien-Katalog wird also um die zugehörigen Sammlungen erweitert. Während die drei Sonderkataloge schon vor Weihnachten bei den Empfängern sein sollten, werden die restlichen Kataloge erst zwei bis drei Wochen vor der Auktion ausgeliefert werden.
Internet: www.auktionen-gaertner.de