58. Christoph-Gärtner-Auktion: Privatpost übertraf die Erwartungen
Traditionell begann die Versteigerung am 19. Februar 2024 mit Münzen und Banknoten. Ein auch für Philatelisten bemerkenswertes Ergebnis gab es für eine vergoldete Silbermedaille, die auf der Internationalen Luftpostausstellung Danzig 1932 wegen Verdiensten für die Luftpostkunde verliehen wurde und von 100 auf 5000 Euro hochgesteigert wurde (Los 531). Eine 100-Billionen-Mark-Reichsbanknote aus der Hochinflation 1923 in (nahezu) bankfrischer Qualität kletterte von 2500 auf 4400 Euro (Los 1726). Insbesondere Weltbanknoten hatten eine überdurchschnittliche Verkaufsquote, ohne dass hier einzelne Länder besonders hervorstechen. China, das in den letzten Monaten ein wenig hinter den Erwartungen zurückgeblieben war, scheint wieder anzuziehen – dies ist auch in der Philatelie so wahrzunehmen. Hat man da den China-Boom vielleicht zu früh für beendet erklärt?
Bemerkenswerte Zuschläge für Germania Auch ohne herausragende Einzelstücke lieferte Liechtenstein eine überdurchschnittliche Verkaufsquote. Bei den Semstwo-Ausgaben Russlands hatte Gärtner ein vergleichsweise gutes Angebot zu moderaten Ausrufpreisen. Insofern wundert es nicht, dass dieses Gebiet „Ausverkauf“ meldete. Altdeutschland mit moderaten Ausrufen brachte erwartete Steigerungen, aber Einlieferer mit zu hohen Preisvorstellungen blieben auf ihren Losen sitzen. Bremen, Hamburg oder Lübeck waren (nahezu) ausverkauft, während Baden, Bayern und Preußen durchaus noch Schnäppchen im Nachverkauf versprachen. Zum Ausruf wurde ein philatelistisch beeinflusster Ganzsachenumschlag Helgolands aus der Rothschild-Sammlung (Los 4342) für 8000 Euro verkauft.
Deutsches Reich zwischen Brustschilde und Inflation bestätigte das Bild: Moderate Ausrufe wurden mit Steigerungen abgesetzt. Deutsche Kolonien wurden recht solide verkauft, wobei hier die bemerkenswertesten Zuschläge im Rahmen des „Germania“-Sonderkataloges erfolgten. Im regulären Angebot zog ein Brief aus Eisenberg/Sachsen nach Sansibar, frankiert mit zweimal 20 Pf Krone/Adler 1878, von 100 auf 1800 Euro (Los 5562).
Deutsche Besetzungen des Ersten Weltkrieges, Abstimmungsgebiete und Danzig waren immer noch sehr gefragt.
5800 (2000) Euro brachte das Titellos des Asien-Kataloges, ein Brief von Offenbach nach Chinkiang und zurück, wobei der Rückweg eine Mischfrankatur aus chinesischen Small Dragons mit Marken des japanischen Postamts in Shanghai ist (Los 7020). Chinas Mei-Lang-fang-Blocks brachten Steigerungen, und auch sonst wurde die Volksrepublik China nahezu ausverkauft. Ein unter Holyland gelistetes Los von zwei Einzelfrankaturen des Osmanischen Reiches von Safed nach Braunschweig wurde für 1150 (100) Euro zugeschlagen (Los 7236). Indien – und hier insbesondere die Raketenpost – fand im Internet begeisterte Abnehmer, und auch Japan und seine Besatzungen wurden ausverkauft. Ein unter Japan-Incoming-Mail angebotener Brief 1868 aus Bergamo nach Yokohama erzielte 3400 (200) Euro (Los 7326). Die Sammlungen Asiens, die erstmals aus den Sammlungstagen herausgelöst wurden und an einem Tag mit den Einzellosen der gleichen Gebiete auch online angeboten wurden, erreichten gute, teils sehr gute Ergebnisse.
Das Material im Germania-Sonderkatalog konnte weitestgehend abgesetzt werden. Die 2 1⁄2 Dollar auf 5 M vom Katalogtitel wurde für 10 000 Euro zugeschlagen (Los 10062), die 1 M Reichspostamt in der seltenen Farbnuance Dunkellilarot von 5000 auf 8500 Euro hochgesteigert (Los 10010).
Deutlich über den Erwartungen lag das Ergebnis des Sonderkataloges „Privatpost des Deutschen Reiches – Die Sammlung Horst Müller“. Etliche Onlinebieter lieferten sich erbitterte Gefechte mit Telefonbietern, Kommissionären und den schriftlichen Bietern im Auktionsbuch der Auktionatorin. Die mit zwei Stunden eigentlich reichlich eingeplante Versteigerungszeit wurde nahezu verdoppelt. Dass die „klassische“ Privatpost bei vielen Sammlern im Schatten der modernen Privatpost steht, kann somit als widerlegt gelten.
Mit zweieinhalb Stunden Verspätung begann der Sonderkatalog „Deutsche Besetzung im Zweiten Weltkrieg – Frankreich“ – auch hier mit einem durchaus beachtenswerten Gesamtergebnis. Für den Titelbeleg, einen Brief mit einem Pärchen der Wohltätigkeitssonderausgabe „Erinnerung an die ersten Eisenbahnlinien Paris-Orleans und Paris-Rouen“ mit Handstempelaufdruck „Festung Lorient“ (Los 10731), fiel um 21.23 Uhr der Hammer bei 22 500 Euro.
Die beiden Sammlungstage zeigten teils recht gute Ergebnisse. Eine Sammlung „Britisch Australasia“ zog von 3000 auf 12 000 Euro (Los 11408), 4000 Weltraumbelege gingen für 10 000 Euro, und eine Sammlung von über 400 Zeppelinbelegen fand für 8000 Euro einen neuen Besitzer. Bei den Nachlässen und Wunderkartons am Freitagmorgen war der Saal übervoll – zusätzlich zu den zahlreichen Onlinebietern.
Internet: www.auktionen-gaertner.de