375. Heinrich-Köhler-Auktion: 430 000 Euro für Brief mit der erste Marke von Lübeck!
Gespannt schauten viele Philatelisten am 21. November 2020 nach Wiesbaden, wo das Auktionshaus Heinrich Köhler weitere 265 Einzellose aus der mittlerweile legendären „Erivan-Sammlung“ des verstorbenen Unternehmers Erivan Haub präsentierte. Wer die Versteigerung am Bildschirm verfolgte, musste sich in Geduld fassen, denn für die 267 Lose wurden rund sechs Stunden benötigt, was einem Schnitt von 44 Losen pro Stunde entspricht. Bereits diese Zahl macht deutlich, dass sich die zahlreichen Bieter um nahezu jedes Los heiße Gefechte lieferten, denn von den 265 Losen wurden 260 verkauft. Das entspricht einer Traumquote von rund 98 Prozent. Nur fünf Lose blieben liegen. Noch deutlicher wird das Ergebnis, wenn man die Gesamtzahlen betrachtet. Der Ausrufpreis aller Lose lag bei 875 000 Euro, der Zuschlag aber fast beim Dreifachen (genau: 2,91-fachen), nämlich bei 2 545 000 Millionen Euro. Kaum zu glauben, aber wahr!
Extreme Steigerungen
Die Sammlung ERIVAN hat eine bis heute zunehmende Dynamik in der philatelistischen Welt ausgelöst. Das war am 21. November 2020 in Wiesbaden deutlich spürbar. Über 1000 verschiedene Sammler und Händler aus der ganzen Welt boten mit. Sie beteiligten sich im Saal, am Telefon oder online.
Extreme Aufsteigerungen und intensive Bieterkämpfe waren bei der außergewöhnlichen Auktion an der Tagesordnung. So steigerten zwei hochmotivierte Interessenten einen Brief vom Erstausgabetag 1. Januar 1872 der ersten Briefmarke des Deutschen Reiches, den Brustschilden, adressiert an Kaiser Wilhelm I, mit einem Startgebot von 2000 Euro um das Zwanzigfache auf 40 000 Euro. Mit dieser Anschrift ist der Brief nach Berlin wohl der bedeutendste aller Ersttagsbriefe des Deutschen Reiches. Erivan Haub erwarb ihn 1999 bei der Briefmarkenweltausstellung in Nürnberg für umgerechnet circa 13 500 Euro. „Der neue Besitzer war damals in Nürnberg auch anwesend und liebäugelte bereits mit dem Stück, sammelte das Gebiet aber noch nicht. Spannend ist, dass der heutige Gegenbieter den Brief damals verkauft hat und heute das Nachsehen hatte“, sagt Dieter Michelson, Geschäftsführender Gesellschafter des Auktionshauses Heinrich Köhler. „Der neue Besitzer hat sich heute nach 21 Jahren später einen Traum erfüllt und den Kaiser-Wilhelm-Brief erworben.“
Aus einer Versteigerung voller Höhepunkte seien einige weitere Top-Lose hervorgehoben:
Der Lübeck-Brief mit der größten verwendeten Einheit der ersten Briefmarke der Hansestadt (5er-Streifen) ist eine der großen Seltenheiten der Altdeutschland-Philatelie. Bei der letzten Versteigerung des Stücks im Jahr 1988 fiel der Zuschlag bei umgerechnet circa 143 000 Euro (280 000 DM). Mit verhaltenen 80 000 Euro angesetzt, landete er nach heftigem Bieterkampf bei sensationellen 430 000 Euro.
Der König-Carol-Brief ist eng mit der wechselvollen Geschichte des Monarchen König Carol II von Rumänien, einem leidenschaftlichen Briefmarkensammler, verbunden. Bei seiner Flucht aus Rumänien konnte er seine Briefmarkensammlung retten, darunter den einmaligen Baden-Kehrdruck-Brief (siehe DBR 11/20, Seite 51). Er wechselte nun in Wiesbaden für 320 000 (100 000) Euro den Besitzer.
Ein Brief mit vier Exemplaren der Preußen 2 Silbergroschen „Glatter Grund“ von 1857 nach Breslau, der einzig bekannte Brief mit einem gebrauchten 4er-Block dieser Marke, gilt als das kostbarste Stück der Preußen-Philatelie. Mit 50 000 Euro geschätzt, erzielte er 160 000 Euro.
Mit 80 000 Euro startete ein Briefmarkenbogen aus Sachsen mit berühmtem Farbfehldruck der ½ Neugroschen Friedrich August II von 1851. Der Wert ergibt sich aus einem Produktionsfehler: Der für den Druck der ½-Neugroschen-Briefmarken verantwortliche Drucker verwechselte das Papier. Statt grauem verwendete er hellblaues Papier. Das angebotene Stück ist der einzig erhalten gebliebene Schalterbogen des Fehldruckes, für den der Hammer bei 95 000 Euro fiel.
Außergewöhnliche Sammlung
„Wir erleben zurzeit historische Momente der Philatelie, die Auswirkungen auf die gesamte internationale Branche haben. Die Ergebnisse der vierten Auktion zeigen, dass wir wirklich von außergewöhnlichen Zeiten sprechen können. Die Beschäftigung mit Briefmarken und die Philatelie, ein Hobby, das Sammler in den eigenen vier Wänden betreiben können, ist wieder in den Fokus gerückt“, sagt Karl Louis, ebenfalls Geschäftsführender Gesellschafter des Heinrich Köhler Auktionshauses. „Die Sammlung wurde aus dem Schrank oder dem Tresor geholt, und die Faszination Briefmarke blüht auf. Viele Sammler haben die Briefmarke auch als Investition in ein spannendes Hobby wiederentdeckt. Das belegen nicht zuletzt die Ergebnisse vom 21. November, die die bisherigen Ergebnisse der ERIVAN-Auktionen noch einmal übertroffen haben.“
Die einmalige Sammlung ERIVAN umfasst viele Unikate sowie äußerst seltene Marken und Briefe, die in dieser Erhaltung kaum zu übertreffen sind. Die Unternehmen des Global Philatelic Network, Heinrich Köhler in Wiesbaden, H. R. Harmer in New York und Corinphila Auktionen in Zürich, steuern die Versteigerungsserie mit rund 8000 Auktionslosen, die noch bis 2023 läuft.
(HK-PR/AIJP/pcp-wm)
Internet: www.heinrich-koehler.de